Zur Weihnachtszeit reisten wir trotz Corona wieder ins Armenhaus Europas, um in den Ländern Albanien und Kosovo Spenden zu übergeben.
Im Slum von Fushe Kosovo verteilten wir mit Unterstützung von Bewohnern der Siedlung an 75 frierende kinderreiche Familien Brennholz im Wert von 5020 €. An 33 hungernde Familien übergaben wir mithilfe der Hilfsorganisation Balkan Sunflowers Kosovo (BSFK) Lebensmittelpakete im Wert von mehr als 1500 €. Schwerpunkt bei den Rationen war diesmal vor allem frisches Obst. In Zeiten der Pandemie soll das Immunsystem der notleidenden Bewohner gestärkt werden.
Mit dem Spendengeld konnten wir auch Medikamente kaufen. In der Republik Kosovo gibt es keine gesetzliche Krankenversicherung, so dass sich 75% aller Kosovaren die Kosten für medizinische Behandlungen nicht leisten können. Im Slum von Fushe Kosovo sind es 99%! Reiche Kosovaren hingegen lassen sich vor allem in Mazedonien behandeln, da selbst die Behandlungsmöglichkeiten in den privaten Krankenhäusern oft nicht internationalem Standard entsprechen und komplizierte Behandlungen teilweise gar nicht im Inland durchgeführt werden können.
Wir mussten feststellen, dass sich die Armut durch die Corona-Pandemie verschärft hat. Immer mehr Kinder laufen bei der Kälte barfuß herum!
Dazu kommt die Tatsache, dass das politische Chaos im Kosovo die Lage dieser Menschen weiter verschlechtert. 17% aller Kosovaren leben in extremer Armut (pro Tag weniger als 1 $ zum Überleben), 26% haben weniger als 2 $ pro Tag.
Viele Bewohner in Fushe Kosovo sind den Spendern aus
Deutschland (und eine von einer Familie aus der Schweiz) sehr dankbar.
Dem Mädchen Medina, das im Sommer 2017 mithilfe Ihrer Spenden an den beiden
Hüften operiert werden konnte, geht es den Umständen entsprechend gut.
In Fushe Kosovo führten wir ein ausführliches Gespräch mit unserem Partner BSFK. Hierbei ging es um konkrete Hilfen, wie die Verteilung von Lebensmitteln oder Medikamenten. Des Weiteren besuchten wir das von dieser Hilfsorganisation betreute Lernzentrum in Fushe Kosovo. Sie wiesen uns nochmals auf die besonders prekäre Situation der RAE (Roma, Aschkali, Egypts) -Angehörigen im Kosovo hin. Nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo 1998 brach das öffentliche Schulsystem komplett zusammen. Dies führte dazu, dass vor allem arme Leute von Bildung komplett ausgeschlossen worden sind, da sie sich die Privatschulen nicht leisten konnten. Dadurch, dass die RAE Angehörigen im Bürgerkrieg zwischen die Fronten gerieten, sind sie außerdem auch heute noch immenser Diskriminierung im Alltag ausgesetzt, weshalb auch viele RAE Kinder die Schule abbrachen. Bei unserer Feuerholzverteilung merkten wir, dass ca. 95% der Holzempfänger noch nicht mal in der Lage sind, eine Unterschrift zu leisten oder ihren Namen korrekt zu schreiben. Der Arbeit von BFSK, welches im Kosovo insgesamt 10 Schulzentren in Slums betreibt, kommt daher besondere Bedeutung zu, da es versucht die Schüler darauf vorzubereiten, an den heute wieder verfügbaren staatlichen Schulen zu bestehen, um den Teufelskreis aus Armut durch Bildung zu durchbrechen. Ein Vorstandsmitglied der größten, aber nicht regierenden Partei im Kosovo (Lëvizja Vetevendosje!) erläuterte uns ausführlich über die katastrophale Lage im Kosovo. Er sicherte uns zu, dass seine Partei, falls sie die anstehenden Neuwahlen gewinnen sollte, die Korruption bekämpfen sowie eine Kranken- und Rentenversicherung für alle Kosovaren einführen will. Viele Bewohner in Fushe Kosovo setzen eine große Hoffnung in diese Partei. Am letzten Tag im Kosovo sprachen wir mit dem SOS Kinderdorf Kosovo, mit dem seit 1,5 Jahren eine enge vertragliche Kooperation besteht. Uns wurde dargelegt, wie die Arbeit von sozialen Trägern durch das politische Chaos im Kosovo besonders in diesem Jahr erschwert wurde. Die Republik Kosovo hat seit Juni keine funktionierende Regierung mehr, so dass auch viele Träger seit März keinerlei staatliche Finanzierung mehr erhalten haben. Wir freuen uns sehr, dass unsere Spenden im Juli die langfristigen Projekte über diese schwere Zeit retten konnten.
Danach besuchten wir das Kinderheim „Rreze Dielli“ in Peza (halbe Autostunde von Tirana entfernt). Die Kinder freuten sich sehr über unser Kommen. Coronabedingt mussten wir diesmal die Weihnachtsgeschenke, Schokolade und Orangen in Fünfergruppen aushändigen. Auch das Kulturprogramm konnte nicht stattfinden, das die Kinder uns in den letzten Jahren immer wieder liebevoll vorgeführt hatten.
Wir übergaben der Leiterin des Kinderzentrums einen Spendenscheck von 6000 € und einen vollen Koffer mit Puzzlespielen, Malheften, Farbstiften u. a. m.
Mit dem Spendengeld können weiterhin Freizeitmöglichkeiten und Therapien für Kinder, die aus den ärmsten familiären Verhältnissen kommen, finanziert werden. Des Weiteren wird das Geld benötigt, um die durch den starken Wirbelsturm im letzten August hervorgerufenen Schäden auch im Heim halbwegs beseitigen zu können (siehe auch unteres Foto). Das albanische Kinderheim wird ja bekanntlich nicht vom Staat unterstützt.
Wir versprachen den Kindern, im nächsten Jahr wiederzukommen.
Viele Familien leiden immer noch unter Folgen des schweren Erdbebens vom November 2019. Allein in der Nähe von „Rreze Dielli“ leben immer noch ca. 60 Familien in den Zelten!
Wichtig ist es, dass die Mittel direkt bei den Menschen, vor allem bei den Kindern in Fushe Kosovo und in Peza ankommen und nicht in der Verwaltung versickern. Deshalb finanzieren wir unsere Reisen sowie sämtliche Spesen auch selbst und übergeben die Spenden hundertprozentig.
Wir sind allen Spendern für Sach- und Geldspenden sehr dankbar, die mitgeholfen haben, das Leid der Menschen, vor allem derKinder, etwas zu mildern. Besonders strahlende Kinderaugen machten uns den Stress erträglicher. In einigen Situationen hatten wir die Mühe, unsere Tränen zu unterdrücken.
Den Rest des Spendengeldes wollen wir u. a. für die Verlängerung der Kooperation mit dem SOS Kinderdorf Kosovo im Sommer kommenden Jahres verwenden. Das Geld wird auch für den Kauf von Medikamenten und Lebensmittel in den nächsten Monaten benötigt. Da es im Kosovo nur Sozialhilfe gibt, wenn Kinder unter 6 Jahren im Haushalt leben (bis zu 120 € Sozialhilfe für die ganze Familie im Monat), bleibt zu befürchten, dass bei eventuell wieder eingeführten Ausgangssperren viele kosovarische Familien zeitweise komplett ohne Einkommen dastehen und wieder auf Lebensmittelpakete angewiesen sind.
Nochmals vielen, vielen Dank für die humanitäre Hilfe.